Als 15-Jährige lässt sich Christina Klein aus Stolberg im Rheinland von ihrer Plattenfirma LaFee nennen und singt krasse Texte, die ihr andere Leute schreiben. Sie hat damit Erfolg, doch Anfang 2009 hört sie plötzlich mit dem Singen auf, das Mädchen ist am Ende seiner Kraft. In BamS erzählt sie, was sich seitdem verändert hat, welche Fehler sie nie mehr begehen möchte, und warum ihr das bevorstehende Comeback Angst macht...
Ihre Haare sind so blond gefärbt, dass sie fast schon weiß wirken, auf den Lippen glänzt das Gloss. Als Christina Klein aus dem Taxi steigt, ist sofort klar: Von der 15-jährigen Gothic-Göre, die vor fünf Jahren als LaFee Hunderttausende von Teenagern zum Kreischen gebracht hat, ist nicht mehr viel übriggeblieben. Erwachsen möchte sie sein, betont das auch immer wieder. Sonst noch Wünsche? „Nein, nur in der Sonne sitzen und richtig schön braun werden.“
BILD am SONNTAG: Wenn ein Künstler ein Comeback startet, plagen ihn entweder Geldsorgen oder Geltungssucht . . .
Und dann kommt sofort ein neuer Vertrag ins Haus?LAFEE: Sagen Sie! Vielleicht kribbelt es aber auch nur irgendwann so feste im Bauch, dass man den Hörer in die Hand nimmt, seine alte Plattenfirma anruft und sagt: Ich will wieder! Ich kann wieder!
Ich hatte Glück, dass meine alte Plattenfirma die Idee, LaFee wiederzubeleben, auch gut fand.
Anfang 2009 haben Sie mit dem Singen aufgehört, waren am Ende Ihrer Kräfte. Warum konnten Sie nicht mehr?
Meine Tage waren auf Wochen hinaus komplett verplant, ich war jeden Tag in einer anderen Stadt, manchmal sogar in einem anderen Land. Ich hab nur noch aus dem Koffer gelebt. Für einfache Dinge wie mit Freundinnen ins Kino gehen, für Sport, für meine Familie, hatte ich keine Zeit mehr. Vieles, was ich liebe, kam zu kurz.
Sie waren 15, als Sie als LaFee durchgestartet sind. Haben Sie Ihre Jugend verpasst?
Ich habe anfangs nicht wahrgenommen, dass mir etwas fehlt. Wenn du ständig in Action bist, hast du wenig Zeit, darüber nachzudenken, ob du etwas vermisst. Ich hatte ein gutes Team um mich, das auf mich aufgepasst hat. Und wenn ich gesagt habe, dass ich nicht mehr kann, wurde Rücksicht darauf genommen. Irgendwann habe ich trotzdem diese Leere in mir gespürt.
Hat Ihr Körper Ihnen Signale gesendet, dass er nicht mehr kann?
Was haben Sie am Anfang Ihrer Auszeit als Erstes getan?Ich hatte ständig Kopfschmerzen. Ich war müde und wünschte mir nichts sehnlicher, als mal zwei Tage durchzuschlafen.
Bei Sonnenuntergang mit einer Freundin am Aachener Weiher auf der Wiese gesessen und mit ihr über das Leben gequatscht. Über Zukunft, Jungs, Familie. Meine einzige Sorge in dem Moment war: Was mache ich heute Abend noch so? Gehen wir vielleicht Sushi essen? Es ist so befreiend, wenn man nicht ins nächste Studio geschoben wird, proben muss und abends noch Interviews gibt.
Hatte sich das Projekt LaFee irgendwann verbraucht?
Jeder erfindet sich mal neu, auch eine Rihanna, eine Madonna. Mit 15 waren meine Songs alle noch cool, aber mit 20 kann ich nicht mehr im Sarg auf die Bühne geschoben werden und „Ich wünsch’ dir einen Virus” singen. Das wäre unpassend. Die böse Gothic-Prinzessin von früher gibt es nicht mehr. Das Programm hat zwar gut funktioniert, aber da war wenig Spielraum für eigene Ideen. Ich musste meinen Horizont erweitern.
Sie hätten Ihren Schulabschluss nachholen können.
Ich hab drüber nachgedacht. Aber ich bin erst 20, das kann ich später immer noch machen. Wann ist später?
Ich habe vor ein paar Tagen eine Fernsehsendung gesehen, in der eine 62-jährige Rentnerin vorkam, die gerade angefangen hatte zu studieren. Ich will mir da selber keinen Druck machen.
Wovon haben Sie in den vergangenen Jahren gelebt?
Von meinen Ersparnissen. Einmal bin ich spontan mit einer Freundin nach Berlin in ein schönes Hotel gefahren, und wir haben nur Wellness gemacht und lecker gegessen. Ich war so frei, das war toll.
Was gibt es Neues in Ihrem Beziehungsleben?
Nix. Keine Zeit, keinen Bock drauf. Ich war in den letzten Jahren zu sehr auf mich konzentriert, um mich noch um jemand anderen zu kümmern. Klar hätte ich locker-flockig eine Beziehung anfangen können, aber ich wollte keinen Stress. Wenn ich mit einem Mann zusammen bin, will ich mich auch um diesen Menschen kümmern. Aber wenn ich dazu keine Zeit habe, bin ich lieber ehrlich.
Wahnsinnig gute Erfahrungen mit Männern haben Sie bisher ja noch nicht gemacht. Ihr Ex-Freund Matt Mockridge hat Sie betrogen, erfahren haben Sie es aus der Zeitung.
So was passiert. Damals war ich gebrochen, am Boden zerstört. Ich war 16, er 19. Wir waren beide noch nicht erwachsen, und er hat einen schlimmen Fehler gemacht. Hat verdammt wehgetan, aber ich bin nicht daran gestorben.
Gab es für Sie nach Ihrer LaFee-Zeit einen Plan B? Haben Sie darüber nachgedacht, einen Beruf zu erlernen? Ich habe fest vor, irgendwann eine Tanzschule zu eröffnen, aber Plan B geht jetzt erst mal noch ’ne Runde schlafen. Ich muss wieder auf die Bühne!
Was würden Sie heute nicht mehr tun, was Sie mit 15 getan haben?
Jedem, der nett zu mir ist, meine Handynummer geben. Ich bin wie ein Kind an alles rangegangen und habe wie ein Kind Fehler gemacht. Daraus habe ich gelernt und deshalb auch einen bewussten Cut gemacht, mich von meiner Band, meinem Manager, meinem ganzen Team getrennt. Das ist wie eine Beziehung zu einem Freund. Manche Beziehungen halten ewig und manchmal muss man eben Schluss machen und sich in Ruhe lassen.
Ein Comeback kann auch schiefgehen.
Ich würde lügen, wenn ich Ihnen sage, dass ich keine Angst habe. Natürlich begleitet mich die Sorge, dass die Fans von früher, die die junge LaFee gut fanden, eine erwachsene LaFee nicht mehr hören wollen.
War klar, dass Sie sich bei Ihrem Comeback wieder LaFee nennen?
Absolut. LaFee ist ein Teil meines Lebens. Ich stehe hinter allem, was war.
Mit dem Namen haben Sie über eine Million Platten verkauft.
Ja, ja. Hört man den Namen LaFee, weiß man sofort, wer die Tante ist . . .
Hätte mir eine Plattenfirma gesagt: „Wir müssen dich LaFee nennen, weil du nur so viel Geld einbringst”, hätte ich gesagt: „Mach ich nicht!” Hätte ich mit 15 gemacht, aber jetzt mit 20 will ich machen, was ich will. Sonst mach ich halt gar nichts. Gott sei Dank lassen sie mir viele Freiheiten.. . . und kauft vielleicht das neue Album.
Erklären Sie uns Ihren neuen Look.
Die Haare sind kürzer, blond, crazy. Ein Riesenaufwand. Die Locken werden vor jedem Auftritt neu eingedreht. Dauert Stunden, sieht aber cool aus.
Und weiter?
Das aufgemalte Tattoo, das ich sonst an der Schläfe hatte, trage ich nicht mehr, das war eher die kindliche LaFee. Außerdem ist meine Tattoo-Familie etwas größer geworden, drei neue Tattoos sind dazugekommen, als Letztes der Schmetterling am Hals.
Das war’s?
Vier Kilo sind runter, weil ich in letzter Zeit so viel Sport gemacht habe. Außerdem ist mein Klamottenstil modischer geworden, ich trag’ jetzt auch mal Designer, zum Beispiel Sebastian Ellrich, ein junger Modemacher aus Berlin. Mein Stil ist immer noch sexy, aber erwachsen sexy, mehr ladylike.
In Ihren neuen Songs hören Sie sich an wie die junge Nena. Ist das gewollt?
Ist erst mal ein Kompliment, aber bestimmt keine Absicht. Ich habe während der Auszeit zweimal in der Woche mit meinem Gesangslehrer gearbeitet und das ist eben dabei herausgekommen.
Worum geht es in Ihren neuen Songs?
Um alles, was mich beschäftigt. Liebe, Erfahrungen von früher, Ängste, Hoffnungen. Ich habe für das neue Album drei Songs komplett selbst geschrieben, bei zwei anderen mitgeschrieben. Das war früher anders, da habe ich das, was ich gesungen habe, zwar gut gefunden, aber es wurde mir eben vorgesetzt: Sing das!
Und das ist jetzt anders?
Ich war noch nie so frei wie jetzt. Das letzte Okay, kommt nicht von der Plattenfirma, sondern von mir.
Quelle : Bild
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